IPL-Magazin 52 | Juli 2020 | Autor: Heiko Schwarz, CRO & Gründer, riskmethods GmbH

Unternehmen arbeiten seit Monaten im Krisenmodus.

 

Heiko Schwarz
Heiko Schwarz

Es gilt, die nötige Reaktionsfähigkeit zu entwickeln, um kritische Lieferketten in der Erholungsphase und der neuen Normalität kontinuierlich überwachen zu können. Das erfordert Transparenz über alle Teile der Lieferkette hinweg, aber daran mangelt es vielen Unternehmen. Die Bedeutung von Risikomanagement hatte bisher vielfach keine Priorität. Die Unsicherheit wird aber auf unbestimmte Zeit anhalten. Unabhängig davon gibt es eine breite Palette anderer Risiken, die unbedingt systematisch zu analysieren sind.

Risikopalette ist breit angelegt

Die bedeutendsten Einschläge waren bis dato regional und zeitlich überschaubar, wie Vulkanausbruch Eyjafjallajökull, Nuklearkatastrophe Fukushima oder Überschwemmung in Thailand. Die Coronakrise erfordert hingegen weltweit Anpassungen in nie gekanntem Ausmaß. Unternehmen kämpfen derzeit vor allem mit Liquiditätsproblemen aufgrund der Nachfrage- und zeitgleichen Versorgungsschocks. Die Force-Majeure-Anzeigen, bei denen sich Lieferanten auf Nichterfüllung von Lieferung bzw. Leistung aufgrund „höherer Gewalt/Unmöglichkeit“ berufen, stiegen von Dezember bis April um das 8,5-fache mit einem Rückgang im Mai. Die Zahl der Lieferverzögerungen wuchs um das 7,3-fache. Das belegt die Wichtigkeit von Präventions- und Wiederherstellungssystemen, um potenziellen Bedrohungen zu begegnen damit der Geschäftsbetrieb aufrechterhalten werden kann (Business Continuity).

Die Risikopalette ist breit und die Auswirkungen der Einflussfaktoren werden oft unterschätzt. Aus Unachtsamkeit oder mangelnden Vorkehrungen entstehen z.B. Brände, Explosionen und Stromausfälle. Streiks können Produktionsstandorte und Häfen zum Erliegen bringen. Naturkatastrophen werden schneller als gedacht zur ernsthaften Bedrohung. Eine zu große Abhängigkeit von einem konzentrierten Lieferanten-Portfolio oder von einem Land bringt die Lieferkette rasch ins Wanken. Der Bogen der Gefährdungen spannt sich vom eigenen Unternehmen über die gesamte Lieferkette hinweg. Ein Großteil der gemeldeten Unterbrechungen tritt zudem bei Sublieferanten auf: Meist besteht das Endprodukt aus nicht verzichtbaren Teilen, die viele kleinere Lieferanten in unterschiedlichen Ebenen des Liefernetzwerkes fertigen. Ein umfassendes Risikomanagement muss also mehr berücksichtigen als nur die Überwachung der Top 50-Partner.

 

Manager, hört die Signale …

Ist die Informationskette lückenhaft, vergehen oft Tage oder Wochen, bevor es zu halbwegs adäquaten Gegenmaßnahmen kommt. Zwischenzeitlich werden oft durch spätes Reagieren oder unstrukturierte „Feuerwehrmaßnahmen“ Ressourcen verbrannt. Folge: hohe (ungeplante) Zusatzkosten, Umsatzeinbußen, Imageschäden. Aus dem Rauschen der globalen Daten und Newsströme sind Signale zu filtern, die geeignet sind, Indikationen zu risikobehafteten Lieferanten und Standorten zu identifizieren, bevor es zu Störungen kommt. Standard-Finanzratings sind ein Teil der Lösung, reichen alleine aber bei weitem nicht aus. Aufhorchen sollte man schon bei Wechsel in Schlüsselpositionen, geänderter Eigentümerstruktur, Produktrückrufaktionen, Streiks oder CSR-Verstößen.


Ursache und Wirkung verstehen

Entscheidend ist das Verständnis von Ursache und Wirkung. Unternehmen müssen die Auswirkungen von negativen Einflüssen auf Produktion, Versorgung, Image und Wertschöpfung des Unternehmens antizipieren. Dazu bedarf es belastbarer Informationen über potenzielle interne bzw. externe Gefahrenherde und Konsequenzen im Ernstfall. Jedes Unternehmen muss kategorisieren und standardisierte Eskalationsmodelle mit Business Cases bestimmen können. Dazu gehört eine 360-Grad-Sicht auf das jeweilige Risiko, auf beteiligte Lieferanten und kritische Elemente, z.B. Häfen, Güterverkehrszentren und Flughäfen. Das schwächste Glied in der Lieferkette ist dann entsprechend präventiv zu stärken oder alternativ durch Vermeidungs- oder Risikotransfermaßnahmen zu beeinflussen.

Ganzheitliches Risikomanagement

State-of-the-Art ist die automatische Bewertung und Überwachung aller Risikokategorien auf Basis einer integrierten SaaS-Lösung. Ein Frühwarnsystem filtert potenzielle nutzerrelevante Signale tagesaktuell aus dem globalen Nachrichten-Datenstrom sowie professionellen Experten-Datenbanken. Dies ermöglicht eine vollautomatische Risikoüberwachung. In Echtzeit lassen sich zu jedem Lieferanten, Land, Standort und Logistikknotenpunkt spezifische Daten generieren, die den Risikomanagement-Prozesskreislauf umfassend mit relevanter Risiko-Intelligenz speist. Eine Bewertungsmatrix ermittelt die Art des Risikos und den Einfluss auf bspw. die Profitabilität oder Umsatz. Ein Ampelsystem und Alerts zeigen, wann es wo kritisch wird. Im Eskalationsfall werden Risikomanagement Teams in den betroffenen Geschäftsbereichen aktiviert. Eingebundene Mitarbeiter wissen durch Workflowunterstützung, wie im jeweiligen Fall vorzugehen ist. Das Unternehmen bleibt handlungsfähig und gewinnt wertvolle Zeit.

Lieferanten lassen sich bereits während der Geschäftsanbahnung ganzheitlich bewerten, analysieren und vergleichen. Damit wird das Risikomanagement schon bei der Vergabeentscheidung zum Kriterium für die Auswahl des besten Partners.

 

Abb. 1: Quelle riskmethods Gmbh
Abb. 1: Quelle riskmethods Gmbh

 

Business Continuity: Agil auch im Notfall

Ein Business-Continuity-Plan mit Supply-Chain-Risk-Maßnahmen hilft, Kerngeschäft und laufenden Geschäftsbetrieb auch bei ungeplanten Unterbrechungen aufrechtzuerhalten. Beispiel: Der Landmaschinenhersteller AGCO (Tochter u.a. Fendt Traktoren) setzt auf die KI-basierte Risiko-Management Lösung von riskmethods. Als das Coronavirus Norditalien erfasste, wussten die Manager sofort, welche Lieferanten betroffen waren. Durch frühzeitiges Maßnahmenmanagement konnte man noch vor Wettbewerbern auf alternative Lieferanten ausweichen und den Geschäftsbetrieb signifikant länger stabil halten.


SCRM schützt das gesamte Unternehmen

Die Widerstandsfähigkeit der Lieferkette zu stärken, ist der Schlüssel zur Wiederherstellung des Regelbetriebs sowie nach der Coronavirus-Krise. riskmethods hat ein Modell entwickelt, welches die Veränderung der Prioritäten anhand 4 wichtiger Themengebieten in Einkauf und Supply Chain aufzeichnet. Dieses hilft Unternehmen dabei, COVID-19-bezogene Supply-Chain-Risiken zu steuern, sich von Betriebsstörungen zu erholen, die strategische Ausrichtung der Lieferkette zu optimieren, und damit besser auf zukünftige Risiken reagieren zu können.

Zahlreiche Aspekte werden in den folgenden Themengebieten abgedeckt:

  • Lieferfähigkeit kurz- und langfristig sichern
  • Beschaffungsstrategie und Lieferantenbeziehungen weiterentwickeln
  • Transparenz im Liefernetzwerk
  • Risikobewusstsein über alle Prozesse hinweg integrieren und fördern

 

Abb.2: Quelle: riskmethods GmbH, Leitfaden: „Achieving Supply Chain Continuity – Framework for coronavirus crisis recovery and greater risk awareness”
Abb.2: Quelle: riskmethods GmbH, Leitfaden: „Achieving Supply Chain Continuity – Framework for coronavirus crisis recovery and greater risk awareness”

 

 

Die Corona-Pandemie zeigt die Notwendigkeit, die Risiko-Exponierung der Versorgungsbasis besser zu verstehen. Maßnahmen zur Sicherung der Versorgung, Weiterentwicklung des Beschaffungsmodells und zur Optimierung der Lieferantenstruktur gehören ganz oben auf die Agenda. Ein 360-Grad-Blick via Supply Chain Risk Management ist zwingend notwendig, um das gesamte Business zu schützen.

 

 



Kontakt zum Autor:

Heiko Schwarz, CRO & Gründer, riskmethods GmbH
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